100 Jahre Kleingärtnerverein Hohe Birk e.V.

Auf Anregung der Firma Krupp wurde unser Verein am 17. Mai 1916 unter dem Namen „Kruppscher Gartenbauverein“ geründet.

Aufgabe und Zielsetzung des Vereins war es, mitzuhelfen, die Not der hungernden Bevölkerung zu lindern. Hinzu kam natürlich die Förderung des Kleingartenwesens, ein Begriff, der noch heute gültig und in unserer Satzung fest verankert ist.

Noch im Jahr 1916 wurde das Gelände für die Gartenanlage an der Lührmannstraße vermessen. Das Grundstück hierfür hatte Frau Margarete Krupp zur Verfügung gestellt. In Gemeinschaftsarbeit entstanden im gleichen Jahr die ersten Gartenparzellen.

In weiteren sieben Bauabschnitten, und zwar in den Jahren 1917, 1919, 1920, 1921, 1925, 1932 und 1933 wurden auf einem Gelände von ca. 16 ha insgesamt 450 Kleingärten geschaffen. Da mehr Bewerber als Gärten vorhanden waren, wurden die Parzellen im Losverfahren vergeben.

Allein Betriebsangehörigen der Firma Krupp war es möglich, Vereinsmitglied zu werden. Betriebsfremde konnten nur mit Zustimmung der Firma Krupp in den Verein aufgenommen werden.

Bereits im November 1917, also nach knapp einem Jahr, hatte der Verein 20.742 aktive und passive Mitglieder. Die weitere Entwicklung vollzog sich in rasantem Tempo, denn ein Jahr später waren es schon über 30.000. Der Mitgliedsbeitrag pro Jahr betrug damals zwei Mark.

Vorgeschrieben war der Anbau von Kartoffeln, Gemüse und Obst. Der Verein richtete mit Hilfe der Firma Krupp neun sogenannte „Verkaufsstellen“ im Stadtgebiet ein und übernahm den Verkauf der Ernteerzeugnisse. Er schloss auch Verträge ab über den Bezug von Sämereien, Düngemitteln, Obstbäumen und Beerensträuchern. Vereinsmitglieder konnten dieses für ihren Garten so wichtige „Material“ zu äußerst günstigen Preisen einkaufen.

Hier nun ein kleiner Auszug aus dem Geschäftsbericht 1917, aus dem die Leistungsfähigkeit des Vereins ersichtlich ist:

„In der Zeit vom 1. Juli 1917 bis 31. Oktober 1917 wurden in unseren Verkaufsstellen insgesamt 405.200 Käufer oder bei 120 Verkaufstage täglich durchschnittlich 3.377 Käufer mit Gemüse und Obst versorgt.“

„Außer der Abgabe von Gemüse und Obst an die Mitglieder hat der Verein einen großen Teil des Bedarfs der Arbeiterküchen der Firma gedeckt, in denen heute über 30.000 alleinstehende Arbeiter mit warmen Mittag- und Abendessen verpflegt werden sowie sonstige Verpflegungseinrichtungen der Firma – Kasino, Kruppsches Krankenhaus, Kaiserin-Auguste-Viktoria-Erholungshaus (beides Reservelazarette), Hungerturm, Kinderheim, Haushaltung Altendorf – größtenteils mit Gemüse und Obst versorgt.“

Der Verein führte praktische Unterweisungen im Schneiden von Bäumen und Sträuchern durch. Es wurden „Einmachkurse“ angeboten und das Dörren von Obst und Gemüse geübt.

Dieser zielbewussten Organisation war es zu verdanken, dass der Kruppsche Gartenbauverein mit seiner mustergültigen Kleingartenanlage an der Spitze der Kleingartenbewegung stand.

Im September 1922 fand die „Kleingarten-Ausstellung Essen Stadt und Land“ statt.

Hieran beteiligte sich der Verein mit 250 Vereinsmitgliedern. Dem Verein wurde dabei der erste Preis, die bronzene Staatsmedaille des Preußischen Landwirtschaftsministeriums, zuerkannt.

Die erste Vereinssatzung stammt aus dem Jahre 1934 und enthielt bereits viele Dinge, die noch heute Grundlage der zur Zeit gültigen Satzung sind.

Schon zur damaligen Zeit wurden sogenannte „Pflicht-Arbeitsstunden“ festgelegt; für nicht geleistete Stunden musste das betreffende Mitglied eine Entschädigung zahlen, die jenen Mitgliedern zugute kam, die mehr Arbeitsstunden leisteten.

Weiterhin war jedes Mitglied verpflichtet, an fachlichen Schulungsabenden des Vereins teilzunehmen. Bei mehr als dreimaligem unentschuldigten Fehlen war das Vereinsmitglied unter gleichzeitigem Verlust seines Gartens automatisch aus dem Verein ausgeschlossen.

So streng waren damals die Vorschriften!

Im zweiten Weltkrieg wurden sowohl die Sachanlagen als auch die Vereinsgärten des Kruppschen Gartenbauvereins weitestgehend vernichtet.

Der Wiederaufbau nach dem Kriege wurde wiederum durch die Firma Krupp organisiert und finanziert. Die neu entstehenden Gärten an der Lührmannstraße wurden nach sogenannten „Dringlichkeitsstufen“ vergeben.

Es kamen in erster Linie Vertriebene, Kriegsversehrte, Kriegshinterbliebene und politisch Geschädigte zum Zuge, danach Familien mit drei und mehr Kindern. Stufe 3 betraf die Vollbombengeschädigten, Stufe 4 die Personen, die infolge von Krankheit oder Invalidität in der Ausübung ihres Berufs eingeschränkt waren, und als letzte Stufe andere Bewerber.

Natürlich stand auch nach Ende des zweiten Weltkrieges die eigene Versorgung mit Kartoffeln, Gemüse und Obst erneut im Vordergrund.

Die erste gütige Vereinssatzung nach dem Krieg wurde am 2. November 1948 durch die Vereinsmitglieder genehmigt.

Die Eintragung des Kruppschen Gartenbauvereins in das Vereinsregister erfolgte erstmals am 2. April 1949.

Nach den schwierigen Jahren des Aufbaus wurde im Jahre 1956 die Tradition fortgesetzt, ein Garten- und Kinderfest zu veranstalten.

Die Gartenanlage an der Lührmannstraße, die übrigens 600 Gärten umfasste, musste Ende der 50er Jahre wegen der Erweiterung der Gruga für die Bundesgartenschau aufgeben werden

Anfang der 70er Jahre beendete die Firma Krupp ihr finanzielles Engagement für den Verein. Daraufhin hat die damalige Vereinsführung den Verein in Kleingärtnerverein „Hohe Birk“ e.V. umbenannt, um diese Änderung auch nach aussen hin deutlich zu machen.

Mit Ende des Engagements der Firma Krupp entfiel gleichzeitig die Verpflichtung, grundsätzlich nur Firmenangehörige in den Verein aufzunehmen.

Vielleicht sollte an dieser Stelle auch einmal die soziale Komponente des Vereins herausgestellt werden. Dass viele schwerbehinderte Bürger Gartenpächter in unserer Anlage sind, ist ein Indiz dafür. Hinzu kommt noch eine erhebliche Anzahl von Pächtern mit Migrationshintergrund.

Der seit Ende 1979 im Amt befindliche Vorstand hatte sich zum Ziel gesetzt, dass bis dahin brachliegende Vereinsleben wieder zu intensivieren. Im Jahre 1980 wurden zunächst für die Vereinsmitglieder „Info- und Diskussionsabende“ eingerichtet, die seitdem im Halbjahresrhythmus im Frühjahr und Herbst stattfinden. Um eine ständige Information der Vereinsmitglieder sicherzustellen, berichtet der Vorstand über die wesentliche Vereinsvorgänge, es gibt Diskussionen über anstehende Probleme. Gleichzeitig ist dieses Forum eine ausgezeichnete Gelegenheit, um den Boden für Entscheidungen auf der Jahreshauptversammlung vorzubereiten.

Im Frühjahr jeden Jahres findet an mehreren Samstagen die große Reinigungs- und Pflegeaktion in unserer gesamten Gartenanlage statt. Hier „schaffen“ die Vereinsmitglieder Seite an Seite, um das Gelände wieder in einen sehenswerten Zustand zu versetzen; auch zur Freude vieler Mitbürger aus dem weiten Umkreis, die gerne unsere Anlage besuchen, die Natur zu genießen.

Tradition, und nicht mehr aus dem Vereinsleben wegzudenken, ist im Spätsommer das große Garten- und Kinderfest. Diese Veranstaltung ist weit über Haarzopfs Grenzen hinaus bekannt und erfreut sich bei vielen Bürgerinnen und Bürgern großer Beliebtheit.

Speziell für Kinder gehören zum festen Bestandteil des Vereinsgeschehens schon seit Jahren

  • der Besuch des Spielmobils der Stadt Essen
  • eine Nikolausfeier

Sehr gut angenommen wird auch das Herbstfest im Oktober eines jeden Jahres.

Weitere Meilensteine in unserer Vereinsgeschichte waren in den Jahren 1992/1993 die Versorgung aller Gärten mit Elektrizität sowie im Jahre 1996 der Bau einer Zentraltoilettenanlage und die Errichtung eines Bürotraktes.

Durch die Stromversorgung wurde die Aufenthaltsqualität für alle Vereinsmitglieder erheblich verbessert. Die damit verbundenen Annehmlichkeiten sind seither zur Selbstverständlichkeit geworden.

Um den Erfordernissen einer sauberen Umwelt gerecht zu werden, konnte der Beschluss unserer Vereinsmitglieder bereits ein Jahr später durch die Fertigstellung der Zentraltoilettenanlage umgesetzt werden. Sowohl die Arbeiten im Zuge der Stromversorgung als auch die Bauarbeiten im Rahmen der Zentraltoilettenanlage und des Bürotraktes wurden im Wesentlichen durch Eigenleistung der Vereinsmitglieder erbracht.

Aus der jüngsten Vergangenheit ist zu berichten, dass der Pfingststurm „ELA“ im Juni 2014 unsere Gartenanlage mit voller Kraft getroffen und eine Verwüstung großen Ausmaßes angerichtet hat. Ein kleiner Teil der zerstörten Bäume konnte mittlerweile zwar durch Neuanpflanzungen ersetzt werden, doch unsere Gartenanlage hat durch den Verlust ihr Erscheinungsbild für Jahrzehnte verloren.

Aber auch dieses Ereignis wurde durch die tätige Mithilfe von Vereinsmitgliedern gemeistert.